Floristische Beiträge aus Istrien II
Claudio Pericin
Speiserstrasse
107 4052 Basel/Schweiz
Eingereichtam: 2.11.1997
[Source:
Claudio Pericin, "Floristische
Beiträge aus Istrien II" (PDF document), BAUHINIA 12 (1/2) 1998 75-79
- http://www.unibas.ch/botges/pdf/bauhinia12(1998)75-79.pdf.]
The paper gives indications of the distribution of some species of the
flora
of Istria. New for the Istrian flora are: Artemisia maritima, Cichorium
pumilum,
Clematis alpina, Hieracium tommasinianum, Hyoseris radiata, Nymphoides
peltata, Paeonia mascula, Phacelia tanacetifolia. For Arabis verna,
Calystegia
soldanella, Centaurea dalmatica, Centaurea dichroantha, Gentiana
pneumonanthe, Nymphaea alba, Opopanax chironium, Photinia serrulata,
Ranunculus ophioglossifolius, Rosmarinus officinalis, Senecio inaequidens,
Sonchus maritimus and as addendum Adiantum capillus-veneris new localities
are indicated.
«Vielleicht ist es Ihnen nicht unangenehm, wieder einmal
etwas über die botanischen Zustände in der Terra illyrico-litoralis zu vernehmen», schrieb Mutius Ritter von Tommasini im
Jahre 1871. Und noch heute hoffe ich, dass die Freude unverändert sei. Diese meine zweite Sammlung floristischer Hinweise basiert auf Funden der letzten fünf Jahre und schliesst an
die erste an (PERICIN 1992). In meiner floristischen Arbeit habe ich versucht, einige Arten zu erwähnen, die meines Wissens nach für Istrien noch nicht erwähnt oder publiziert wurden. Einige dieser Arten durfte ich bereits anlässlich einer Vortragsreihe der italienischen Kommunität in Dignano / Vodnjan
(Kroatien) zu Ehren des Botanikers und Naturwissenschafters
Bartolomeo Biasoletto vorstellen. Die Arten sind in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Die Schreibweise richtet sich
hauptsächlich nach der Flora Europaea (1964-1983). Für die
Bezeichnung der Ortschaften verwende ich bei der Erstnennung sowohl die italienische als auch die slavische Schreibweise. Die folgenden Nennungen erfolgen in Italienisch.
Arabis verna (L.) R. Br.: Sie ist in Nesazio / Vizače, zwischen den Mauersteinen der Totenstadt, dem alten Hauptort
der Istrier, der mächtigsten istrianischen Befestigung (castelliere) im Quarnero, in zahlreichen Exemplaren anzutreffen.
Ebenfalls gefunden wird sie in Porto Colonne / Kolone zwischen den Sträuchern der Macchia, wenige Meter vom Meer
entfernt. Diese Wiederfunde erweitern das Areal für Südistrien, mit dem Hinweis von FREYN (1877) für Peroi / Peroj, Stignano /
Tinjan, Pola / Pula, Brioni Maggiore / Veli Brijun und den
Römischen Steinbrüchen. Nur den letztgenannten Standort
konnte ich bestätigen.
Artemisia maritima L.: Auf den Felsen in Portolungo / Prklog, die kaum mit Erde bedeckt sind, gelingt es einigen Exemplaren, die von den Schafen kurz gehalten werden, zu
blühen. Neu in Istrien und im Quarnerogebiet auf dem Felsen
von S. Marco / Sv. Marko, wo Rossi (1930) anmerkt, dass Borbás sie als A. vallesiaca All. und Tommasini, Strobol und Smith
als A. maritima L. var. gallica (W) ansprachen.
Calystegia soldanella (L.) R. Br. (Syn.: Convolvulus soldanella L.): Rein zufällig in Promontore am Strand unterhalb
des Friedhofs wiedergefunden. Lange und vergeblich an den
Orten gesucht, auf die FREYN (1877) hinweist, genauer auf
Brioni Maggiore und in Val Bandon / Valbandon, nicht aber auf
der Insel Vanga, der Residenz der Staatspräsidenten.
Centaurea dalmatica A. Kerner: Entlang des Touristenstrandes von Porto Albona/Rabac gelingt es ihr, sich zwischen
den kalkhaltigen Felsen, die das Meer bespült, zu halten. Neu
für Istrien. Endemische Pflanze, die PIGNATTI (1982) für die Insel Cherso / Cres und Veglia / Krk erwähnt. Rossi (1930) erwähnt die
C. kartschiana Scop. für Volosca / Volosko und Fiume / Rijeka, meiner Meinung nach handelt es sich um dieselbe
Pf lanze.
Centaurea dichroantha A. Kerner (Syn.: C. sordida Huter;
C.fritschii Hayek x rupestris L. var. purpurascens Koch): In der
Nähe der Strasse, die zum Dorf Racia / Račja Vas führt, gefunden. Gemäss POSPICHAL (1897-1899) nächstgelegene Standorte auf dem Bergzug Taiano / Slavnik Sabni /
Žabnik. POLDINI
(1991) zählt sie zu den lokalen, endemischen Arten.
Cichorium pumilum Jacq. (Syn.: C. intybus subsp.
divaricatum (Schousboe) P.D. Sell): Am Strassenrand, 100 m vor dem
Dorf Popecchio / Podpeč gefunden. Neu für Istrien und noch
fehlend in MARTINČIĆ & SUŠNIK (1984).
Clematis alpina (L.) Miller (Syn.: Atragene alpina L.):
Entlang der Strasse zur Spitze des Monte Maggiore / Vojak auf
einer Höhe von ca. 1100 m breitet sich eine einzelne Gruppe
über die Felsen. Dieser Fund bedeutet eine Neuheit für Istrien.
Gemäss POSPICHAL (1897-1899) befinden sich die nächstgelegenen Standorte auf dem Nanos und im Wald von Tarnova.
Gentiana pneumonanthe L.: Gefunden auf nassen Wiesen
bei Praporchie/Praproče. Neuer Fundort für Istrien, der mit
den Nennungen von POSPICHAL (1897-1899) zwischen Grisignana / Grožnjan und Sterna /
Šterna das Verbreitungsgebiet erweitert.
Hieracium tommasinianum K. Maly: In Porto Badò / Budava entdeckt und durch den Hieracienspezialisten, Herrn
Günther Gottschlich (Tübingen) bestimmt. Neu für Istrien.
Hyoseris radiata L.: Sehr zahlreich um Pola / Pula vorkommend, im Pinienwald der Halbinsel Stoia / Stoja. Neu für Istrien.
Nymphaea alba L.: In Medolino / Medulin im grossen
Teich, der im Gebiet von Zentenera / Cintinera liegt, gefunden.
Wie mir mitgeteilt wurde, ist die Pflanze erst kürzlich angesiedelt worden und scheint sich bereits verwildert zu haben. Bereits BIASOLETTO (1829) nennt ihr Vorkommen für den See
76 Claudio Pericin: Floristische Beiträge aus Istrien II von Cepich
/ Čepić, wo sie mit der Trockenlegung des Sees verschwunden ist. POSPICHAL (1897-1899) findet sie in den stagnierenden Buchten der Arsa / Raša, wo ich allerdings noch
nicht das Glück hatte, sie wiederzufinden.
Nymphoides peltata (S. G. Gmelin) O. Kuntze: Ebenfalls
in Medolino, im selben Teich wie Nymphaea alba gefunden.
Zur selben Zeit eingeführt und mittlerweile verwildert. Mit ihr
erwirbt Istrien eine neue Art.
Opopanax chironium (L.) Koch: Gut vertreten auf der
Kantonsstrasse, die an Sanvincenti / Svetvincenat vorbeiführt.
Der Fund von MARTINI & POLDINI (1990) in Popecchio / Podpeč
stellt die Nordgrenze im Adriagebit dar. Das Verbreitungsgebiet der Art wird mit den von Rossi (1930) gesammelten Hinweisen von Lanischie / Lanišče, Monte Maggiore / Učka bis zur
Draga di Santa Marina / Moščenička Draga und Bersezio / Brseč
erweitert. Es ist interessant anzumerken, dass TOMMASINI &
BIASOLETTO (1837) die ersten sind, die diese Pflanze in Istrien,
genauer in Vragna/Vranja, beschrieben.
Paeonia mascula (L.) Miller (Syn.: P. corallina Retz.): Im
Gebiet des Monte Maggiore bei Cremegnacco / Kremenjak auf
ca. 600 m Höhe, in einem Laubmischwald gefunden. Neu für
Istrien. Die nächstgelegenen Standorte sind der Wald von Castua / Kastav, von SMITH (1878) erwähnt, aber von HIRC (1914)
nicht bestätigt und bei Trieste / Trst in den submesophilen Wäldern von POLDINI (1991) beschrieben.
Phacelia tanacetifolia Bentham: Gesehen in Sanvicenti /
Svetvincenat und in Gimino/Íminj am Rande der Äcker und
der Wiesen. Zunächst als Nektar liefernde Pflanze angebaut
und in der Folge verwildert. Nicht erwähnt von DOMAC (1994).
Photinia serrulata Lindl.: Auf Brioni Minore / Mali Brijun
in der mediterranen Macchia gefunden. Von den Floristen im
18. Jahrhundert eingeführt, hat sie wenig Neigung zur Verwilderung gezeigt. In Istrien ist sie daher an gärtnerisch gepflegten Orten wie dem Bahnhofspark oder dem Marinepark
in Pola und in Rovigno / Rovinj zu finden. ADAMOVIC (1915) findet sie in einem Privatgarten in Abbazia / Opatija.
Ranunculus ophioglossifolius Vill.: In Valle/Bale, in der
Nähe des Klosters von S. Michele, gesichtet. Es ist mir aber
nicht gelungen, die Art an den von FREYN (1877) seinerzeit angegebenen Standorten in Val Rancon / Rankun und an der
grossen Wiese, Prato Grande, bei Pola wiederzufinden.
Rosmarinus officinalis L.: Auf Brioni Minore, als Bestandteil der flachen Macchia und mediterranen Garigue gefunden.
Meiner Ansicht nach könnte es sich hierbei um einen autochthonen Standort, den einzigen im Nordadriatischen
Raum, handeln, auch wenn PIGNATTI (1982) dies ausschliesst.
FREYN (1877) beobachtet ihn nur angepflanzt in der Umgebung von Pola. BENACCHIO (1939) erwähnt die Art als verwildert bei Rovigno.
Senecio inaequidens DC.: Diese Art habe ich bereits in der
vorangehenden Arbeit (1992) für Punta Grossa / Debeli Rtič beschrieben. Senecio inaequidens hat sich in Istrien weiter verbreitet, und kürzlich habe ich die Art am Rande der Strasse bei
Ponte Porton / Ponte Porton gefunden, einem neuen Standort
für Istrien.
Sonchus maritimus L.: Fund in der Umgebung von Rovigno bei Palù/Palud. Dieser erweitert, ergänzt durch die von
POSPICHAL (1889-1899) erwähnten Standorte in Muggia/Milje, S. Nicolò d'Oltre / Valdoltra, Strugnano / Strunjan, Sicciole/
Sečovlje und Salvore / Savudrija, das Verbreitungsgebiet in
Istrien.
Tragopogon porrifolius L.: Fund im Tal der Arsa / Raška
Draga, am Rande der Felder des Weilers Casali Sumberesi /
Šumber. Mit dem Fund von WRABER (1973) bei Strugnano /
Strunjan erweitert sich das Areal für Istrien.
Addendum
Adiantum capillus-veneris L.: Auf den Mauern der Tegetthoff-Festung von Brioni Minore gesichtet. Mit diesem
Fund erweitert sich das Verbreitungsgebiet dieser Art auf den
Brioni-Inseln. FREYN (1877) hat die Art bereits auf Brioni Mag
giore gefunden.
Literatur
- ADAMOVIC, Lujo, 1915: Führer durch
die Natur der nördlichen Adria mit besonderer Berücksichtigung von Abbazia, Hartleben, 198 S., Wien-Leipzig.
- BENACCHIO, Norino, 1939: Flora di Rovigno d'Istria, Thalassia, 4, 83 S.,
Udine.
- BIASOLETTO, Bartolomeo, 1829: Bericht
über eine Reise durch Istrien, Flora,
XII/2, S. 529-541, Regensburg.
- DOMAC, Radovan, 1994: Flora Hrvatske,
kolska Knjiga, 504 S., Zagreb.
- FREYN, Josef Franz, 1877, 1881: Die Flora
von Süd-Istrien, Verhandl. zool. botan. Ges., XXVII, S. 241490; XXXI, S.
359-392, Wien.
- HIRC, Dragutin, 1914: Floristička izučavanja u istočnim krajevima Istre I. Kastav i Kastavština, Rad JAZU, 204,
S.21-75, Zagreb.
- MARTINČIĆ, Andrej, SUŠNIK Franc, 1984:
Mala Flora Slovenije, Državna Založba Slovenje, 793 S., Ljubljana.
- MARTINI, F., POLDINI, Livio 1990: Beitrag zur Floristik des Nordadriatischen
Küstenlandes, Razprave IV. Razreda
SAZU,XXXI, 10, S. 153-167, Ljubljana.
- PERICIN, Claudio, 1992: Floristischer
Beitrag aus Istrien, einem Übergangsgebiet zwischen den Alpen und den Dinariden, Bauhinia, 10, S. 53-58, Basel.
- PERICIN, Claudio, 1997: Vortrag gehalten in Dignano/Vodnjan: ItinerariBiasolettiani e alcune nuove segnalazioni
floristiche dall'Istria, 24.-25. Oktober,
1997.
- PIGNATTI, Sandro, 1982: Flora d'Italia,
3 Bde., Edagricole, 2302 S., Bologna.
- POLDINI, Livio, 1991: Atlante Corologico delle Piante Vascolari nel Friuli-Venezia Giulia, Regione autonoma
Friuli-Venezia Giulia &Università degli
Studi di Trieste, 899 S., Udine.
POSPICHAL Eduard, 1897-1899: Flora
des österreichischen Küstenlandes, 2
Bde., 1512 S., Leipzig, Wien.
Rossi, LJ., 1930: Pregled Flore Hrvatskoga Primorja, Prirod. Istra]. Kralj.
Jug., Jug. Akad. Znan. Umjet., Bd. 17,
368 S., Zagreb.
- SMITH, Anna Marie, 1878: Flora von
Fiume, Verh. d. zool. bot. Ges., 54 S.,
Wien.
- TOMMASINI, Muzio., Biasoletto, Bartolomeo:
1837: Streifzug von Triest nach Istrien
im Frühlinge 1833, mit besonderer
Rücksicht auf Botanik, Linnaea, XI, S.
433-483, Halle.
- TOMMASINI, Muzio., 1871: Botanische
Verhältnisse in Istrien, Österr. Bot.
Ztschr. XXI, S.134-136, Wien.
- TUTIN, Thomas Gaskell., et al., 1964-1983:
Flora Europaea. 5 Bde., 2346 S., Cambridge.
- WRABER, Tone, 1973: Gradivo za
floru Strunjana, Mednarodni mladinskitabori 1971-1972, S. 139-162,
Ljubljana.
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