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Konzert in D-Dur, D.42
Ed. Enrica Bojan
Bei der Vorbereitung dieser kritischen
Ausgabe des Konzertes in D-dur D.42, mußten einige fundamentale Daten in
Betracht gezogen werden, die das kritische and musikalische Studium von
Tartinis Opus begrenzen, dem bis heute noch immer nicht in seiner
Vollständigkeit Gerechtigkeit widerfahren ist.
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First Movement |
Second Movement |
Third Movement |
Die große Anzahl von Material und ihre
Aufteilung in verschiedenen Bibliotheken und Stiftungen, die ebenso
große Zahl von Manuskripten, die nicht in Tartinis Handschrift sind,
erschweren philologische Studien und beeinträchtigen die Schaffung von
einheitlichen Kriterien.1
Diese Ausgabe, die sich an die neuesten
Studien und Methoden in musikologischen Untersuchungen hält hat die
Absicht, dem Spieler einen kritischen, jedoch originalgetreuen Text auf
musikalischer Basis zu geben; anderseits wird eine historiengetreue
Wiedergabe angestrebt, um Aufführungen zu ermöglichen, die eng an das
Original und die Stilistik des Komponisten angelehnt sind. Diese Ausgabe
entstand durch die Kombination von zwei Quellen, im Katalog von Dounias
erwähnt:2. der Handschrift in Padua,
im Musikarchiv der Basilika Antoniana DVII 19023
und des Manuskripts der Konservatorium-Bibliothek Paris, Gran Fond ms.
1128/26, P. Folio. Keine anderen Versionen der Partitur wurden
verwendet.4 Zweifellos von
Kopistenhand, würden sie keine wirklichen Einblicke gegenüber der
originalen Handschrift geben, die hier als Hauptquelle benützt wurde.
Die erste Quelle besteht aus einer
Titelseite und sieben Blättern in Quarto-format mit je sechzehn
Notenlinien-systemen pro Seite. Auf die Titelseite hat eine spätere Hand
„Konzert von Tartini, Partitur Nr. 99" geschrieben. Die Zahl wurde per
Hand zu 53 geändert und ist auch weiter oben auf der Seite gedruckt. Das
Manuskript ist, wie immer bei Tartini, sauber und präzise. Erst auf dem
siebenten Blatt finden wir übereinstimmende Korrekturen der Melodie;
vier neue Takte ersetzen die ursprünglichen acht und sind auf die
unteren Notenlinien geschrieben. Unter diese Takte schrieb Tartini
«principal» und deutet auf die anderen Stimmen mit «primo» und
«secondo». Diese Korrektur ist sehr deutlich und unmißverständlich. Die
gleichen gestrichenen acht Takte finden sich etwas später wieder:
T.180-187. Betrachtet man die thematische Symmetrie dieses dritten
Satzes, erscheint es möglich, daß Tartini im BegriV war, einen Teil zu
vergessen und diesen korrigierte, als er es merkte.
Die Orchesterzusammensetzung wird bei
Tartini nicht vorgegeben und ist daher bei allen seinen Konzerten
problematisch. Zahlreiche Studien zu diesem Thema belegen, daß die Zahl
der Musiker den Umständen der Zeit und der Gelegenheit entsprechend
variierte.5
Die Pariser Quelle ist Teil einer
Sammlung von Konzerten, und besteht aus sieben Blättern mit je vierzehn
Notenlinien-systemen. Die Überschrift des ersten Blattes trägt den
einfachen Titel «Concerto del Sig.r Giuseppe Tartini» ohne weitere
Angaben. Die saubere Handschrift - sicher eine Kopie - läßt auf eine
spätere Herstellung schließen. Man findet keine Anzeichen
einschneidender Korrekturen oder Tilgungen. Wie im Original ist die
Orchesterzusammensetzung nicht vorgegeben; die Angaben Tutti, Solo und
Soli entsprechen jedoch der ersten Quelle. Die vorliegende kritische
Ausgabe hält sich getreu an das Original. Die Variationen der Pariser
Quelle werden in den Anmerkungen nach dieser Einleitung wiedergegeben.
Es wurden keine dynamischen Zeichen zugefügt, da sie für einen
sorgfältigen Musiker klar sein sollten. Vorzeichen wurden
rationalisiert; die Praxis des 18. Jahrhunderts, ein b zu benützen um
ein # zu neutralisieren wurde modernisiert und durch ein
Auflösungszeichen ersetzt. Kleinere Änderungen wurden stillschweigend
vorgenommen, um ein modernes, graphisches Bild zu geben.
Die Ornamentik wurde ohne Angabe für
Ausführungen vom Original transkribiert. Bis heute stellen die Regeln
des 18. Jahrhunderts für Routineausführungen von Verzierungen und
Kadenzen an den Höhepunkten ungelöste Probleme bei Tartini, obwohl der
große Geiger Traité des agrémens für seine Schule schrieb.6
Die detaillierte Phrasierung und
Artikulation wurde beibehalten; der Spieler könnte seine eigenen
Interpretationen finden. Bei der Zusammensetzung des Orchesters sollte
man bedenken, daß die Konzerte normalerweise in der Basilika del Santo
zu feier-lichen Anlässen aufgeführt wurden.7
Wahrscheinlich übernahm Tartini meistens das Solo (seit 1721 war er
„erster Geiger und Konzertmeister" in Padua). Dokumentarische
Überlieferungen sowie Traité des agrémens bezeugen, daß ihm ein
hervorragendes Orchester zur Verfügung stand, gewohnt, bei derartigen
Aufführungen zu glänzen. Dadurch waren detaillierte musikalische
Anmerkungen in der Partitur nicht nötig.8
Das Problem von Tartinis
Orchesterzusammensetzung kann hier nicht gelöst werden. Anhand der
Originalpartitur können allerdings die Stellen, die Tartini mit Tutti
kennzeichnete, folgendermassen zugeordnet werden: die erste Notenlinie
der Solo Geige und den ersten Geigen gemeinsam; die zweite Notenlinie,
gekennzeichnet mit Soli einer obligaten Geige (oder einer Gruppe der
zweiten Geigen); die dritte im Violaschlüssel der Viola (oder einer
Gruppe von Violas); die letzte schließlich, im Baßschlüssel, dem Cello
und Generalbaß. Die Stellen, die mit Solo und Soli und drei Notenlinien
markiert sind, müssen sowohl erste und zweite Geigen als auch eine
Sologeige haben, da alle Stimmen im Violinschlüssel geschrieben sind.9
Die Gegenüberstellung von Instrumentengruppen, die einen stilistischen
Dialog von Klangintensitäten hervorrufen will, erinnert an die
Strukturen der concerti grossi bei Corelli. Jedoch übernimmt die
Sologeige bei Tartini einen größeren Teil; mit lebhaften Sequenzen und
cantabile melodischen Themen, virtuos ausgeschmückt, besonders im
dritten Satz.
Diese Betrachtungen gelten nicht für den
zweiten Satz, der für drei Stimmen, markiert Solo und Soli, im
Violinschlüssel geschrieben ist und von der Solo-, ersten und zweiten
Geige ausgeführt werden. Der zweite Satz ist dem Stil von Corellis adagi
ähnlich: die omnipresente cantabile höhere Stimme, unabhängig von der
schlichten harmon-ischen Begleitung.10
Man weiß, daß es einen Generalbaß gab,
aber es existieren keine geschriebenen Stimmen. Er scheint nicht in den
Partituren auf, und wenn basso erwähnt wird, bezieht es sich auf die
Stimme und nicht das Instrument. Kurzum, es gibt keine Spur eines
Generalbasses. Die Forschung scheint die Benützung des Cembalos
auszuschließen, jedoch bezeugen einige Dokumente außerhalb der
Musikwissenschaft den Gebrauch der Orgel; besonders hinsichtlich der
Sakralkonzerte für die Basilika del Santo, wo die Orgel dominierte.11
Allerdings herrscht Übereinstimmung, daß der Generalbaß die Tutti
Stellen begleitete jedoch nicht die Soli.12
Daher sieht diese Ausgabe den Generalbaß als komplementär zur
Cellostimme; die Ausführung bleibt der Diskretion der Musiker
überlassen. Sie sollten allerdings im Auge behalten, daß Tartini in
seinen späten Jahren den warmen, linearen Celloklang der harmonischen
Fülle des Tasteninstruments vorzog.13
Padua, Jänner 1998 © Enrica Bojan
Übersetzung Burgi Hartmann
- Für einen Überblick
des derzeitigen Wissensstandes über Tartinis Opus siehe F. NESBEDA,
Catalogo delle composizioni, in M. SoWanopulo, Hg., Giuseppe Tartini
nel terzo centenario della nascita, Trieste, Tip. Tergeste, 1992, S.
104-144. Petrobellis Buch: Giuseppe Tartini. Le fonti biograWche,
Wien-London-Mailand, Universal Edition, 1968 ist immer ein
nützliches Nachschlagwerk.
- M. DOUNIAS, Die
Violinkonzerte Giuseppe Tartinis, Zürich, Möseler Verlag, 1935
(Neuauflage Wolfenbüttel, 1966), S. 263. Die Konzerte sind nach
Tonalität und nicht chronologisch katalogisiert. Dounias glaubt,
dass das Konzert D.42 in die dritte Schaffensperiode Tartini's
fällt, also nach 1750.
- Das Manuskript wurde
von Padre Giovanni Luisetto, Direktor der Biblioteca Antoniana, zur
Verfügung gestellt, und wir danken ihm für seine freundliche Hilfe.
- In dem zitierten
Catalogo delle composizioni, bezieht sich Nesbeda auf andere Quellen
mit verzierten Versionen des Hauptsatzes, die er in der
Universitätsbibliothek von Berkely California auffand. Siehe F.
NESBEDA, Catalogo…, S. 111.
- Zu diesem Problem
siehe P. PETROBELLI. Per l'edizione critica di un concerto
tartiniano, in Tartini, le sue idee e il suo tempo, Lucca, LIM,
1992, S. 109-136; M. CANALE DEGRASSI, Destinazione e aspetti
esecutivi dei concerti per violino di G. Tartini: contributi per un
approfondimento, in A.Dunning, Hg., Intorno a Locatelli, Lucca, LIM,
1995, S. 151-173. Die Orchesterzusammensetzung wurde anderen
Konzerten vergleichbar unter Berücksichtigung von Elementen
außerhalb der Partitur wieder hergestellt.
- Tartini ließ Traité
des agrémens unveröffentlicht, und er erschien erstmals 1771 in
Druck in Paris unter demselben Titel, übersetzt von P. Denis, in
1771. Das angebliche italienische Original hat den Titel: Regole per
ben suonar il violino. Dazu siehe: verschiedene Autoren, Fonti
tartiniane: alcune annotazioni und L. GRASSO CAPRIOLI, Lessico
tecnico e strutture linguistiche di Tartini didatta nelle «Regole
per ben suonar il violino», in A. Bombi und M.N. Massaro, Hg.,
Tartini. Il tempo e le opere , Bologna, il Mulino, 1994, S. 395-400
und S. 281-298. Die zweite Studie zitiert die wichtigsten Arbeiten
jener Zeit über Ornamentik (von J.J. Quantz, C. Ph. E. Bach, L.
Mozart) und hebt die Eigenarten von Tartinis System hervor. Hierzu
möchten wir festhalten, daß der Triller (und der Mordant), wie
damals üblich, gewöhnlich auf der höheren Anschlagnote begann und
daß die Vorschlagsnote damals genauso wie heute ausgeführt wurde.
- Siehe P. PETROBELLI,
Tartini, le sue idee e il suo tempo, cit., S. 115-116; M. CANALE
DEGRASSI, Destinazione e aspetti esecutivi..., cit., S. 152-163.
- Neben den bereits
erwähnten Werken von Petrobelli und von Canale, siehe auch E.
FARINA, Pubblicare oggi le opere di Tartini, in Tartini. Il tempo e
le opere, cit., S.401-408.
- Für eine kritische
Auseinandersetzung mit dem Problem siehe P. PETROBELLI, Per
l'edizione critica... cit., S. 111-136.
- Zur Besiehung
Tartini-Corelli siehe P. PETROBELLI, Tartini e Corelli, in Tartini,
le sue idee e il suo tempo, cit., S. 137-147.
- P. PETROBELLI, Per
l'edizione critica.., cit., S. 134-135. Analysen, diese Frage
endgültig zu beantworten, sind noch nicht vorhanden.
- E. FARINA, Pubblicare
oggi le opere di Tartini, cit., S. 404-405
- E. FARINA, ibid., S.
408
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